Kategorien
Caterer

Daniela Reinhart: „Schmeckt lecker kann man lernen“

In den Gärten meiner Großeltern wuchs alles, was die Küche brauchte, den ganzen Sommer über wurde immer etwas geerntet oder eingekocht. Noch als Studentin ging meine Großmutter mit mir in den Keller und aus fein säuberlich mit Schrankpapier ausgelegten Regalen, wurden dann meine Taschen gefüllt: eingelegtes Obst, Bohnen, Marmeladen, saure Gurken und wenn die Vorräte leer waren, kam ich wieder.

Heute ist Essen entweder Kulinarik oder Fastfood. In unseren Segelurlauben genieße ich darum den Zustand, mit Fragen wie „Was koche ich? Wo bekomme ich die Produkte her? und der Zubereitung des Essens zumindest einen halben Tag lang ausgelastet zu sein.

Als ich 2012 auf den Mittagsteller meines Kindergartenkindes blickte und da kleingeschnittene Currywurst in verlängerter Ketchup- Soße entdeckte, war klar – das geht so für mich nicht! So entstand ein Jahr später meine Firma LirumLarum, ganz klein und ohne wirklich zu wissen, was ich da tat, nur mit ganz viel Überzeugung und Herzblut. Ich wollte gutes einfaches Essen für Kinder kochen, ihnen etwas auf die Teller füllen, was sie satt und glücklich macht. Was ihnen aber auch eine Grundlage bietet, um all das zu meistern, was heute von Außen von ihnen erwartet wird. Ich träumte von einem geschlossenen Kreislauf in einem überschaubaren Ort wie Bordesholm, in dem Supermärkte nichts wegschmeißen, Äpfel nicht an den Bäumen der Nachbarschaft vergammeln, weil niemand mehr Zeit hat, sie zu pflücken, und Kinder meine Küche besuchen können, mit mir kochen und wir darüber sprechen, wo die Sachen herkommen und warum es gut ist, beim Einkaufen darauf zu gucken, woher der Apfel kommt.

Mein Gott, was hatte ich mir da vorgenommen? Was klein begann, mit 70 Portionen für zwei Kindergärten und eine Schule in einer alten Lehrküche, ist jetzt nach fünf Jahren ein Betrieb mit neun Mitarbeitern. Ich koche schon lange nicht mehr selbst, aber die, die es tun, haben es gelernt. Ich musste erkennen, dass keine Frage der Welt so kontrovers diskutiert werden kann wie, ob das Essen geschmeckt hat. Was die eine Kita super fand, wanderte in der anderen Einrichtung zum größten Teil in den Müll. Wir befinden uns also in einem ständigen Entwicklungsprozess.

Was mir sehr schnell klar wurde war, dass es nicht nur darauf ankommt, dass wir gut kochen, sondern wie mit dem Thema Essen bei unseren Kunden umgegangen wird. Arbeitsalltag, auch und besonders der von Kita- und Schulmitarbeitern ist heute anstrengend und vielschichtig, dennoch ist es ungemein wichtig, dass das Essen und alles was damit zusammenhängt einen festen Platz im pädagogischen Ansatz der Einrichtung hat. Wie sonst sollen wir Kindern vermitteln, dass wir ihnen, weil wir sie liebhaben, nicht jeden Tag Pommes und Pizza geben können? Sie kennen vieles vom häuslichen Teller nicht mehr, weil es meistens schnell gehen muss, weil Mama oder Papa meist beide arbeiten, weil die Regale der Supermärkte alles in fertiger Form bieten, bis hin zum Apfelmus für Babys aus der Tube.

Für mich ist es ein Weg, den wir beschreiten müssen, Kinder wieder langsam an die Dinge heranzuführen, die ich  noch kenne aus meiner Kindheit. Deshalb engagiere ich mich mittelweile überall dort, wo sich Menschen treffen, denen Lebensmittel, die Produktion und Herkunft, die industriellen, ökologischen und auch die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge unserer Ernährung genauso wichtig sind wie mir. Wenn es mir gelingt, in dem kleinen Radius meiner Stadt Bordesholm dafür zu sorgen, dass Kinder vernünftig ernährt werden, dass das Bewusstsein, wie wichtig es ist verantwortungsvoll zu produzieren, zu vermarkten und einzukaufen, gemehrt wird, dann bin ich zufrieden.

Netzwerke wie Slowfood, Feinheimisch e.V. sind für mich wie eine Familie, mit denen ich gemeinsam gern weiter für das arbeiten möchte, was der Motor meiner täglichen Arbeit ist. Es gibt so unendlich viel zu tun in diesem Bereich, denn industrielle Landwirtschaft, aggressive Vermarkungsstrategien und die zunehmende Entfremdung von Verbrauchern, Produkten und Produzenten sind unnatürlich und gefährlich.

Da ich nicht vorhabe Politikerin zu werden: wo also anders ansetzen als bei den Kindern? Ihr Bewusstsein schulen, ihre Neugier und ihre Lust nutzen, um das wieder anzusteuern, was mich in meiner Erinnerung bis heute erfüllt – die Sommer im Garten meiner Großeltern zwischen Johannisbeersträuchern und Kartoffelbeeten. Und wenn die Schlehen gepflückt waren, konnte der Winter kommen.

Daniela Reinhart, Gründerin von Lirum Larum

Foto: Unsplash